In der Rubrik „Schreibstube“ gewähre ich Einblick in meine Gedankenwelt und stelle gekürzte Texte vor, die aus meinen Kurzgeschichten oder kleinen Sammlungen stammen. Die folgende Geschichte ist allerdings brandneu, spielt in Berlin und ist diesmal für Kinder und Junggebliebene ab 6 Jahre.
Mo und der Sachenbusch
Mo hatte sich einiges vorgenommen. Er war auf Abenteuersuche. Nach dem Mittagessen hatte er zu seiner Mama gesagt: „Es hat aufgehört zu schneien, ich will hinaus zu den Hoehlen!“ Mama hatte ihm einen Kuss gegeben und gesagt: „Vergiss deine Ausrüstung nicht, kleiner Forscher. Schal, Mütze, Handschuhe. Sonst kommst du krank zurück!“
Kleiner Forscher, dachte Mo beleidigt, und ging in den Flur zu den Anziehsachen. Mama weiß wohl nicht, dass ich schon fast sechs Jahre alt bin! Aber zum Ärgern hatte er jetzt keine Zeit. Schnell zog er sich den Schneeanzug über und stopfte die Hosenbeine in die Stiefel. Was sollte er nicht vergessen? Schal, Mütze, Handsch… Ach du Schreck, da war nur einer in der Tasche, den zweiten Handschuh fand er nicht. Heimlich wühlte er in der Winterkiste. Nichts. Mama rief aus der Stube: „Hast du alles, Mo?“ „Jaja“, stammelte er und kriegte rote Ohren vom Lügen. Mo schwindelte nicht oft, und wenn doch, dann sah Mama es ihm immer gleich an. Deshalb war er froh, dass sie nicht neben ihm stand. Eilig warf er die herausgefallenen Mützen und Schals wieder in die Kiste und rannte zur Tür. Er rief: „Bis später, Mama!“, wartete ihre Antwort nicht ab, sondern knallte die Tür zu und trabte los.
Vor dem Haus war die Welt weiß. Feine, fast unsichtbare Schneeflocken tanzten dem Boden entgegen. Die Nachbarin, Oma Lupinski, kam auf der anderen Straßenseite kaum voran, weil es so glatt war. Mo hörte ihre Schuhsohlen über den Schnee scharren und das kratzende Geräusch ihres Gehstocks, den sie bei jedem Schritt mit der Spitze in den vereisten Boden rammte. Schnell weg, sonst hält sie mich wieder mit ihren Geschichten auf, dachte Mo und schlitterte bis zur Ecke.
Von hier aus konnte er den Berg sehen, den Brennerberg. Zugegeben, er war nicht so hoch wie die anderen Berge, die er aus dem Urlaub kannte. Aber es gab einen Spielplatz, eine große Wiese und viele geheime Höhlen. Außerdem wohnten alle seine Freunde um den Berg herum. Aber niemand war dort, Mo war allein. Die Kindergartenkinder hielten noch Mittagsschlaf, die Schulkinder hatten Unterricht und die vielen Eltern, die sich nachmittags hier trafen, saßen noch in den Büros.[..]
Am Ende von allen Rodelbahnen wuchs ein Busch, den mussten die Kinder geschickt umfahren, wenn sie nicht dagegen krachen und vom Schlitten fallen wollten. Jetzt stand der Busch ganz still in der Kälte und reckte seine kahlen Zweige in die Höhe. Aber was war das? Trug der Busch schon Blüten? Mitten im Winter? Und noch dazu so bunte?[…]
Der Sachenbusch knarzte ein bisschen vor sich hin und wartete auf die anderen Rodler.
(co) andrea maluga
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